ERNST JANDL
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Ernst Jandl und Ernst Jandl
Jandls zunehmende Popularität und Aktivitäten lassen sich nicht mehr mit seinem Lehrerberuf vereinbaren. Ab 1967 lässt er sich vom Schuldienst befreien, Stipendien und Auslandsaufenthalte schließen sich an. Ab Mai 1975 schreibt Jandl an mehreren Gedichtzyklen.
Nach Jahrzehnten der Herabsetzung seines literarischen Werks wird Jandl ab Mitte der 70er Jahre mit Ehrungen und Preisen überhäuft. Hier im Juni 1980 während der Verleihung des Mühlheimer Dramatikerpreises für sein Stück "Aus der Fremde".
Auch Österreich ehrt seinen berühmten Schriftsteller Ernst Jandl: 1984 erhält er den Großen Österreichischen Staatspreis und weitere Ehrungen und Preise folgen. Foto: Jandl während der Verleihung des "Ehrenzeichen des Landes Steiermark".
Ernst Jandl und Friederike Mayröcker
1949-1950 absolviert Jandl ein Probejahr als Lehrer am Bundesrealgymnasium in Wien. Im Anschluss daran hält er sich mit dem Schreiben von Groschenromanen über Wasser. Im Dezember 1950 wird Jandl promoviert. Danach folgt eine erste Anstellung als Lehrer. 1951 beginnt Jandl endgültig mit Schreiben und verstärkt seinen Kontakt zu Autoren und Herausgebern.
Nach einem mehrmonatigen Englandaufenthalt (1953) mit seiner Ehefrau Roswitha lernt Jandl 1954 Friederike Mayröcker kennen, die bereits einen ausgezeichneten Ruf als Autorin genießt. Die beiden werden ein Paar. Der Beginn einer Liebesbeziehung, die Jandls Werk nachhaltig beinflusste.
Das Paar 1978. Die literarischen Ansätze Jandls und Mayröckers streben im Laufe ihrer langen Freundschaft eher auseinander anstatt sich einander anzunähern. Jandl kommentiert: "friedericke mayröcker, von so vornehmen geistern wie bach und hölderlin angeführt, hat in ihrer kunst eine glorreiche höhe erklommen. mein sinn, in richtung einer aufgeklärten massenkultur, konnte sich gleichermaßen durchsetzen. so ergänzen wir einander liebevoll und mit respekt."
Mayröcker und Jandl, Mitte der neunziger Jahre in Jandls Wohnung in Wien. Jandl: "unser leben ist, seit vierzig jahren, ein gemeinsames, ohne eine gemeinsame wohnung, und ohne kochtopf, der turbulente anfang wich alsbald einer bis heute anhaltenden ereignislosigkeit, ohne idylle. unbemerkbarkeit gab uns durch jahrzehnte die graue lehrerhülle, deren wir uns endlich zögernd entledigen."
Ernst Jandl und die Familie
Die Eltern: Viktor Jandl (Bankangestellter) und Luise Jandl, geborene Rappel (Lehrerin) heiraten im Oktober 1924. Am 1. August 1925 kommt Sohn Ernst zur Welt. Kurze Zeit danach erkrankt die Mutter.
Ernst Jandl als ca. Vierjähriger
Ernst Jandl mit seiner Mutter und seinen Brüdern Robert und Hermann 1934 im Schweizer Garten in Wien. Robert kam 1929 zur Welt, Hermann 1932.
Ernst Jandl als Halbwüchsiger (um 1939).
Der Tod der Mutter (im April 1940) übt großen Einfluss auf Jandls Werk aus. 1942 heiratet Viktor Jandl ein zweites Mal. Seine Frau Hedwig (geb. Nikitovicz) bringt 1943 Tochter Roswitha zur Welt, 1949 wird Nikolaus Jandl geboren. Das Foto zeigt die Familie Jandl 1944.
Ernst Jandl und der Krieg
Ernst Jandl als Abiturient 1943 mit den Brüdern Hermann und Robert. Noch vierzig Jahre später beschreibt Jandl seine Grundhaltung und die seiner Schulkameraden zum Militärdienst in schneidenden Worten: "Wir kannten unsere Bestimmung als Kanonenfutter und bezeichneten sie mit ebendiesem Wort."
Unmittelbar nach dem Abitur wird Ernst Jandl drei Monate lang zum Arbeitsdienst einberufen, ab August 1943 ist er beim Militär. Nach einer fehlgeschlagenen Flucht und diversen Versuchen, sich für untauglich erklären zu lassen, wird Jandl an die Westfront abkommandiert.
Jandl (hier mit Bruder Robert während eines Heimatbesuches) gerät 1945 in Kriegsgefangenschaft und wird vom Elsass ins Gefangenenlager nach Stockbridge/England überführt. Während seiner Kriegsgefangenschaft (bis 1946) arbeitet Jandl als Dolmetscher.
Ernst Jandl und das Experiment
Jandl, Ende der 50er Jahre. Nach einer ersten Flut von Gedichten in den Jahren nach 1952, stockt Jandls Produktivität, setzt jedoch ab 1957 erneut ein. Jandl widmet sich in seinen Gedichten auch politischen Inhalten, was ihm die Kritik einiger Autorenkollegen einträgt.
Ab dem Frühjahr 1957 gelingen Jandl Gedichte, die seinem radikalen Anspruch endlich gewachsen sind. Seine Poesie, mit der er teilweise an den Dadaismus anknüpft, wird von vielen als sprachliche Entgleisung betrachtet, die insbesondere einem Deutschlehrer nicht zur Ehre gereiche. Hier ein Auszug aus Jandls Veröffentlichung in den "Neuen Wegen", Mai 1957.
Trotz der Kritik an seiner Lyrik (die ihm den Vorwurf eines "Jugendverderbers" einbringt), setzt Jandl den eingeschlagenen Weg fort. Er organisiert erste Lesungen für ein jugendliches Publikum, das seine Poesie schätzt. Schwierig gestaltet sich auch die Suche nach einem geeigneten Verlag: In Österreich ist der Autor isoliert. 1963 wird beim Limes Verlag ein Band mit acht seiner Gedichte veröffentlicht.
Abgesehen von kleineren Veröffentlichungen fehlt Jandl in den 60er Jahren die Voraussetzung, um ein größeres Publikum zu erreichen. Bemühungen, bei namhaften Verlagen unterzukommen, schlagen fehl. Nach einem Eklat verlässt Jandl mit siebzehn deutschsprachigen Autoren den Walter Verlag und setzt seine Arbeit bei Luchterhand fort. 1970 erscheint der Gedichtband "der künstliche baum" in der Sammlung Luchterhand.
Mitte der 60er Jahre beginnt Jandl zusammen mit Friedericke Mayröcker einen neuen Bereich der Literatur für sich zu entdecken: Das Hörspiel. Hier Jandl bei der Aufnahme zu einem eigenen Hörspiel.
Ernst Jandl und seine Lesungen
Schon Mitte der 60er Jahre macht Jandl die Erfahrung, dass das Publikum in Lesungen positiv auf seine Texte reagiert, entschieden positiver als die öffentlichen Reaktionen auf seine Gedichte zunächst ausfallen. Hier während einer Lesung in der Werkhalle von "Messer Griesheim", Frankfurt 1967.
Jandl plant gewissenhaft jede Lesung. Er weiß genau, welche Gedichte er liest und in welcher Reihenfolge das geschehen soll. Hier während einer Lesung 1977 in Saarbrücken.
Jandls Erfolg mit seinen Lesungen führt bereits Ende der 60er Jahre zu der Idee, Schallplatten mit seinen Sprechgedichten herauszubringen. 1968 erscheint die erste Platte "Laut und Luise". Anfang der 70er Jahren wird ihm endlich weithin Anerkennung zuteil: Er hält Vorlesungen an der Universität Wien, und auch der Ton der Presse ihm gegenüber hat sich gewandelt. Seine öffentliche Auftritte ähneln inzwischen mehr dem eines Rockstars und haben nichts mehr mit traditionellen Lesungen gemein. Foto: Lesung vom 6. Mai 1978 in Glasgow während des "International Sound Poetry Festival".
Ernst Jandl und die Musik
Jandl (hier ein Foto von 1996) bleibt ein Leben lang ein Musikfreund. "Wenn ich Musik machen könnte, würde ich keine Gedichte machen, oder nur ganz nebenbei."
Jandls Gedichte besitzen eine gewisse Musikalität, die auch in den Schallplatten mit seinen Texten zum Ausdruck kommt. Hier das Plattencover der ersten bei Wagenbach erschienenen Platte.
In den 80er Jahren tritt Jandl häufig zusammen mit Musikern auf. Hier mit Lauren Newton und Wolfgang Puschnig vom Vienna Art Orchestra während eines Auftritts 1984 im Künstlerhaus Wien.
Jandl hat wichtige Anstöße zu seinen Gedichten aus verschiedenen Musikrichtungen bezogen. Er liebte Jazz, Bebop und hatte auch den Rap für sich entdeckt. Ernst Jandl 1991 mit Jelen Sass, dem Tubaist des Vienna Art Orchestra.
Nicht nur Jazz kann das sinnliche Element von Jandls Dichtung musikalisch herausarbeiten. Bei den "stanzen" bedient er sich auf extrem untypische Weise der Volksmusik. Foto: Ernst Jandl 1993 mit Erich Meixner (Ziehharmonika).